Eine frühe statistische Erhebung im Kirchspiel Unkel-Scheuren-Breitbach...
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts änderten sich die Herrschaftsverhältnisse im Rheinland fundamental.
Infolge der Niederlage gegen die Franzosen ging das Erzstift Köln unter und 1802 übernahm der Herzog von Nassau-Usingen, ein Vasall Napoleons, Gebiete am Rhein, so auch Unkel, Scheuren und Breitbach.
Die bis dahin gewohnte weitgehende Selbstverwaltung des Amtes Unkel endete und die Zuständigkeiten wurden auf das Oberamt Linz übertragen.
Die Nassauer erwiesen sich als eifrige Bürokraten. Das äußerte sich z.B. darin, dass sie genaue Zahlenangaben zu den Einwohnern, dem Vieh, den Anbauflächen und Ernteerträgen
einforderten.
Und so findet sich im Unkeler Stadtarchiv eine Aufstellung aus dem Jahr 1804, der man einiges entnehmen kann.

Bei der Einwohnerstatistik fällt auf, dass das Dorf Breitbach damals deutlich größer war als die Stadt Unkel.
Die Anzahl der Erwachsenen lag fast 70% höher.
Bei den Jugendlichen war die Zahl der Breitbacher sogar gut 90% höher, wobei insbesondere die Anzahl der Jungens nur 40% der Breitbacher erreichten.
Selbst Unkel und Scheuren zusammen hatten zusammen nur 85% der Einwohnerzahl von Breitbach.

Das verwundert aber nicht, wenn man die Größen der bearbeiteten Nutzflächen vergleicht.
Bei den Weinparzellen erreichten Unkel und Scheuren zusammen rund 90% der Breitbacher Wingerte. Bei dem Ackerland und Wiesen waren es aber nur 39%.
Die Weinbauflächen betrugen in Unkel 64 Morgen, in Scheuren 37 Morgen und in Breitbach 143 Morgen.
Was die Weinbauern außerdem unbedingt brauchten, waren „Rahmbüsch“. Von diesen Parzellen erntete man den regelmäßig
benötigten Nachschub an „Rahmholz“, will sagen Holzpfählen, an denen die Weinstöcke befestigt wurden.
Die Unkeler hatten für "Rahmholz" 24 Morgen Fläche zur Verfügung, die Scheurener 32 Morgen und die Breitbacher 80 Morgen.

Betrachtet man den Weinanbau ist bemerkenswert, dass der Weißwein praktisch keine Rolle spielte, was an den Erträgen ablesbar ist:
Unkel kelterte rund 482 Ohm Rotwein
(1 Ohm = 160 Liter);
Scheuren kam auf die gleich hohe Menge von 482 Ohm Rotwein;
Breitbach kelterte rund 2002 Ohm Rotwein, alle drei Orte zusammen also 2966 Ohm = rd. 475.000 Liter.
Beim Weißwein kamen alle drei Orte zusammen auf 10 Ohm.
Da dies während des folgenden 19. Jahrhunderts so blieb, machte sich im letzten Viertel dieses Jahrhunderts neben den vermehrt auftretenden Schädlingen auch der Druck durch den Wegfall von Schutzzöllen sehr negativ bemerkbar.
Durch die Billigimporte ausländischen Rotweins in den 1890er Jahren blieben die hiesigen Winzer auf ihren Ernten sitzen. Erst die Gründung von Winzervereinen und die Einführung modernerer Methoden im Weinberg und im Keller brachten etwas Entlastung.
Dazu gehörte auch der vermehrte Anbau von Weißweinen.
Zurück zu der Datenerhebung von 1804. Auch die Anzahl der Nutztiere wurde abgefragt.

Nur 3 Pferde und 6 Ochsen wurden gemeldet, obwohl diese Tiere gewöhnlich als Zugtiere für die Fuhrwerke benötigt wurden.
Dabei muss man sich erinnern, dass 10
Jahre zuvor die französischen Revolutionstruppen und die kaiserlichen Soldaten abwechselnd je viermal über die Rheinorte hergefallen waren und den Bewohnern alle Fahrzeuge und alles Vieh
weggenommen hatten.
Davon hatten sich die Winzer und Bauern offenbar noch nicht wieder erholt.
Besser sah es mit den Beständen an Kühen und Jungvieh aus.
Die Zahlen lauteten in Unkel 113, in Scheuren 98 und in Breitbach 309 Tiere. Schweine dagegen waren absolut rar, nur in Unkel gab es zwei Sauen.
Die Heuernte für die Fütterung der Tiere wurde mit insgesamt 644 Zentner angegeben.

Dass Breitbach deutlich mehr Anbaufläche für Korn zur Verfügung hatte als die Nachbarn Scheuren und Unkel, kann man an den Ertragszahlen ablesen.
Am weitaus häufigsten wurde Roggen als Getreide angebaut.
Breitbach erzielte einen Ertrag in Höhe von rund 460 Malter (= Doppelzentner), wogegen Scheuren nur 74 Malter und Unkel 114 Malter Roggenernte meldeten.
Die Ernte anderer Getreidearten und Früchten wie z.B. Weizen, Gerste, Hafer, Buchweizen, Klee und Flachs fiel dagegen gering aus.
Berichterstattung an die Regierung Nassau-Usingen aus etwa 1804:





(Weiter unten im Flipbook haben wir die oben aufgeführten Statistiken lesbarer dargestellt)