In Erinnerung an den Unkeler Winzerverein: Das Gästebuch...



Der Unkeler Winzerverein, 1895 von tatkräftigen Bürgern zur Rettung des bedrohten Weinbaus gegründet und schon 1899 mit einer eigenen Kellerei ausgestattet, war ein Glücksfall für unsere Einwohnerschaft.
Über den 1. Weltkrieg, Inflation
und Wirtschaftskrise hinweg nahm die Zahl der Winzer zwar ab, aber ein stabiler Kern blieb doch erhalten. Die Kellerei wurde aufgestockt und das Bürogebäude zum Gasthof
ausgebaut.


Dass der genossenschaftliche Betrieb nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgenommen werden konnte, grenzt indes an ein Wunder. Zu verdanken ist das vor allem einem guten Team, sowohl im Keller als auch im Geschäftsbereich. Hans Menden als Geschäftsführer des Betriebes und zugleich Gastgeber in der Winzerstube verstand es, die Menschen für den Unkeler Wein zu begeistern.

Für die Qualität sorgte
Kellermeister Heinrich Vreden.


Und in hoffnungsvoller Erwartung vieler Gäste legte man 1948 ein prachtvolles Gästebuch auf, DIN-A 3-Format, in Leder gebunden und künstlerisch gestaltet. Die ersten Eintragungen datieren schon aus dem Oktober 1948 und viele weitere folgten.
Wer es sich leisten konnte,
gönnte sich eine Weinprobe in der gemütlichen Winzerstube oder im Keller. Vielfach wird die herzliche, aufrichtige Gastfreundschaft des Geschäftsführers Hans Menden hervorgehoben. In den ersten
Jahren waren die Eintragungen der Gäste besonders zahlreich und man merkte ihnen an, wie groß die Sehnsucht der Menschen nach einer Ablenkung von den Sorgen der Nachkriegszeit war.
Mancher entdeckte, beseelt vom köstlichen „Unkeler Bestes Faß“, sein Talent zum Reimeschmieden. Sogleich wird Dionysos herbeizitiert, Sohn des Zeus und Gott der Fruchtbarkeit und der Ekstase:

„So lautet eine alte Sage:
Erschien zu Berg ein Segel rot,
an einem herbstlich goldenen Tage
und vorne stand umglänzt im Boot
Dionysos, das Haupt voll Reben,
der Panther lag gezähmt daneben.
Wohin er blickte, wuchs der Wein
in üppiger Fülle himmelein.
Mag er so wie in jenen Jahren
Euch segnend stets vorüber fahren!“
(21. Oktober 1948 - Otto Baies)
Hier ein weiterer kleiner Einblick in die ersten Seiten des Gästebuchs:





(Weiter unten im Flipbook können Sie die oben aufgeführten Seiten zur besseren Lesbarkeit auch vergrößern.)
Es fehlte nicht an auswärtigen Gästen, denn die Mundpropaganda war offenbar wirksam.
So meinte dann auch der Präsident der Oberpostdirektion Koblenz, Wawers:

„Wir waren heute hier
und verzichten künftig auf Bier.
Unser Losungswort soll sein,
nur edler sonniger Unkeler Wein.“
Und der Stadtrentmeister aus Linz, Peter Henseler, versprach wiederzukommen:
„Ganz unverhofft schnei´ ich herein
an schönem Herbstestag
und prob den roten Unkeler Wein
solang ich eben mag.
Wenn lang genug geprobt ich hab,
dann kehr ich müde heim.
Dem der die gute Prob´ mir gab,
geh´ noch oft ich auf den Leim.“
Sein Freund J. Menden ergänzte:
„Peter, sag wo willst Du nippen -
an dem Gläschen – an den Lippen,
Deine Tat entscheidet bald
ob Du jung bist oder alt!“
Zu den treuesten Fans gehörten die Künstler Josef Arens und sein Düsseldorfer Freund
Rudi vom Endt sowie der Unkeler Grafiker Gerhard Juchem, die sich mit Zeichnungen im Gästebuch verewigten.







Auch die Bergleute und Stahlarbeiter der Hoesch AG, Altenessen, die sich von ihrer Schwerstarbeit im Erholungsheim auf „Hohenunkel“ erholten, tauchen mehrfach auf:
„Wir hoffen, noch sehr oft in Unkel zu sein,
am schönen, am herrlichen deutschen Rhein,
wir fahren stromab, wir fahren stromauf;
wir grüssen das Unkel mit des Bergmanns Glückauf“.

Das ließ sich auch der „Hoesch Gesangverein“ nicht entgehen und kam mit 34 Mitgliedern.

Da konnte natürlich auch der „Kölner Männergesangverein“ nicht fern bleiben.
Etliche prominente Persönlichkeiten, wie z.B. aus Koblenz Regierungspräsident Sommer und Verwaltungsgerichtspräsident Dr. Biesten, das Kölner
Original Grete Fluss, die Henkel-Tochter Ilse Bagel und der Landrat von
Altenkirchen und ehemaliger Unkeler Hanns Sinzig gönnten sich hier ein paar frohe Stunden.

Der Scheurener Dr. Biesten schrieb am 5.02.1949:
„Im Unkeler Winzerverein habe ich schon so viel Frohes und Schönes erlebt, daß es mir schwer ist, an ihm „vorbei“
zu gehen.
Auch der heutige Funkeler hat mir wieder Erholung und innere Erhebung gebracht.
Hier erfährt man, was Rheinische Gastlichkeit bedeutet, für die von Herzen zu danken, mir aufrichtiges Bedürfnis ist.“
Auch mehrere Abgesandte der Weinbauwirtschaft waren neugierig, was sich in Unkel tat.
So Inspektor Breidbach
aus Vallendar:
„Der Esel bückt sich in die kühle Flut,
sie ist für ihn und seinesgleichen gut.
Der Mensch verlangt nach Feuer und nach Glut,
drum liebt er das edle Rebenblut.
Und Herr Hüsemann von der Landwirtschaftkammer Rheinland
meinte:
„Wenn von allen Erdendingen der Herr Professor klüger
spricht,
daß leere Gläser besser klingen als volle - glaub´ ich nicht!“
Aus allen Teilen der Bundesrepublik und West-Berlin kamen die Gäste und bereits 1949 besuchten die ersten ausländischen Touristen den Unkeler Winzerverein. Vor allem Engländer, Niederländer und Dänen kamen in den Folgejahren.

Ein besonderer Höhepunkt war aber zweifellos die Rundfunksendung „Weinlese in Unkel am Rhein“, übertragen vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) am 20. Oktober 1949.

Viele weitere Eintragungen könnten zitiert werden. Erst 1955 ließ das Interesse an dem Gästebuch nach.